Hans Ebensperger - Peter Fellin - in memoriam ...

Der Künstler Hans Ebensperger ist für mich ein Idol in der Kunst, genauso Peter Fellin, was die hiesige Kunstszene betrifft und obwohl beide gestorben sind. Peter Fellin kannte ich von Kindesbeinen an, Hans Ebensperger lernte ich leider nie persönlich kennen. Schon als Kind war ich in eines seiner abstrakten Landschaftsbilder, welches in unserem Wohnzimmer daheim jahrelang hing, verliebt, sah es mir immer wieder an und von Mal zu Mal gefiel es mir immer besser! Es gibt Bilder, die so ausdrucksstark und intensiv sind, dass man meinen könnte, man würde darin eingesogen. Meine Mutter hatte es von ihm als Hochzeitsgeschenk bekommen. Sie kannten sich gut, weil Hans Ebensperger in der damals viel besuchten Hedy Bar in Meran im Besitz von Großmutter, mehrere Wandfresken gemalt hatte, die der anschließende Besitzer dann leider entfernen ließ (keine Ahnung, was damit passierte). Hans Ebensperger, der Hüterbub gewesen war und dann so früh an Krebs starb ...

Hans Ebensperger wurde 1929 in Prad im Oberen Vinschgau geboren, wo er seine Kindheit verbrachte. Mit der Mutter übersiedelte er dann nach Österreich. Ein wichtiges Erlebnis war für Ebensperger die Begegnung mit Toni Kirchmayr und mit Max Weiler, bei welchem er 1947/48 als Gehilfe und Lehrling arbeitete und der ihn darin bestärkte, seine künstlerische Laufbahn weiterzuverfolgen und sich an der Wiener Akademie zu inskribieren, die er dann auch von 1948 – 1952 besuchte. 1951 fand im Kurhaus in Meran seine erste Einzelausstellung statt, bei der die graphische Anstalt Albertina in Wien ein aquarelliertes Blatt für ihre Sammlung erwarb. 1952 trat Ebensperger der Künstlervereinigung „Sezession" bei. Im selben Jahr gründete er mit den Wiener Malern Hans Fischer, Günther Bauer und dem Südtiroler Martin Pedrazza die „Gruppe Stern", einer lockeren Kunstvereinigung, die von einem phantastisch-kosmischen und visionären Geist getragen war und im Werk Ebenspergers einen starken Niederschlag fand. Er stellte 1952 in der Galerie Würthe in Wien aus.
Nach Abschluss der Akademiestudien und einem Venedigaufenthalt kehrte der Künstler 1952 nach Südtirol zurück, unterrichtete an der technischen Oberschule in Bozen und mietete sich im Schloss Rubein in Meran ein Atelier. Im selben Jahr stellte er seine Werke in der Galerie Gurlitt in München zusammen mit der Südtiroler Gruppe (Plattner, Kofler usw.) aus, beteiligte sich anschließend an den wichtigsten Ausstellungen des Künstlersyndikats in den 50er und 60er Jahren aus und nahm am Premio Bolzano 1967 teil. Nach dem Studium an der Technischen Hochschule in München erhielt er mehrere Aufträge in Südtirol. 1954 beteiligte er sich an einer Kollektivausstellung Südtiroler Künstler im Innsbrucker Hofgartenpavillon und an einer vom Südtiroler Künstlerbund organisierten Ausstellung in der Dominikanergalerie in Bozen. 1959 zog er mit seiner Familie in sein Heimatdorf Prad, wo er sich ein Atelier einrichtete und von wo aus er unzählige Berg- und Skitouren ins nahe Ortlergebiet unternahm, das zur größten Inspirationsquelle seiner Malerei wurde. 1960 zog er nach München, wo er zwei Jahre lang arbeitete, kehrte dann wieder zurück nach Südtirol. In den folgenden Jahren gestaltete der Künstler verschiedene Wandfresken für Hotels und Privathäusern im Vinschgau sowie für die Totenkapelle und das Schulgebäude der Gemeinde Hochfilzen in Tirol. Sein umfangreiches Werk ist von einer intensiven Auseinandersetzung mit der Landschaft geprägt. Er war stets auf der Suche nach dem inneren Bild, „das Ding an sich, was mir der Stein, der Strunk oder der Baum bedeutet“. Das Zusammenspiel von Material, Papier, Leinen, spielte dabei eine ebenso große Rolle wie seine persönliche Sicht der Landschaft. Er ging konsequent seinen Weg, war ein Einzelgänger im Südtirol der Nachkriegszeit gewesen. Er war maßgeblich daran beteiligt, Südtirol aus dem konservativ-traditionellen Kunstklima zu befreien und dem Land die Tore zur Welt und ihren zeitgenössischen Tendenzen zu öffnen. „Ich kopiere nicht die Natur, sondern ich versuche das zu malen, was ich empfinde, was mir das Ding, der Stein oder der Baum bedeutet“.
Bereits während dieser Arbeiten machten sich die ersten Anzeichen seines Krebsleidens bemerkbar, die ihn bis in den Tod begleiteten.
1964 stellte er gemeinsam mit Peter Fellin im Kunstpavillon in Innsbruck aus, konnte aber durch die Verschlechterung seines Zustandes an der Eröffnung nicht teilnehmen. In seinem letzten Lebensjahr zeichnete und malte er bis zur völligen Erschöpfung. Sein Zustand verschlechterte sich von Tag zu Tag. Im November und Dezember 1971 fanden seine letzten beiden Ausstellungen in Bozen und Bruneck statt.
Kurz darauf wurde er in die Innsbrucker Klinik eingeliefert, verließ diese aber bald wieder und starb auf der Heimfahrt von Innsbruck nach Prad am 11.12. 1971.

Peter Fellin

Ich lernte Peter Fellin als Kind kennen. Als Teenager war ich von ihm begeistert. Er war ein weiser Mann, diskret, reserviert, und war ein Mensch, der nicht auf Kompromisse einging. Als er seine Galerie in der Altstadt von Meran eröffnete und seine wunderbaren Bilder ausstellte, vor allem die Naturbilder, war ich oft von den Besuchern enttäuscht, die sich meist eher am Büffet bedienten anstatt sich, so wie ich, seiner Kunstwerke zu erfreuen. Ich hatte den Eindruck, dass hierzulande der Kunst viel zu wenig Bedeutung zuerkannt wird. Wenn er keine Lust hatte, bei seiner Eröffnung dabei zu sein, ihm das oberflächliche Gehabe auf die Nerven ging, verschwand er einfach von der Bildfläche, ohne lang die Knigge-Regeln einzuhalten. Er lebte seine Einstellungen, Meinungen etc. kohärent. Nur selten nahm er Einladungen von Privatpersonen im Anschluss an seine Ausstellungen an.

Ich besuchte ihn oft in Meran, wo er öfters umsiedeln musste, aber immer in sehr große Altbauwohnungen. Dabei zeigte er mir immer seine neuen Bilder, wir sprachen darüber und über Gott und die Welt, und ich bin ihm nach wie vor sehr dankbar für die wertvollen Ratschläge, die er mir für meine Kunstlaufbahn mitgegeben hatte. Danke Peter!

Er war ein perfekter Gastgeber und jeder fühlte sich sofort wohl. Ich sehe ihn noch im großen Wohnzimmer mit altem Parquettboden im Ledersessel sitzen, als wir miteinander redeten … seine ruhige und gefasste Art, seine Weisheit und Ausstrahlung, aber auch sein Humor, denn wir lachten oft miteinander.

Wenige Einrichtungsgegenstände, die aber sehr geschmackvoll, elegant, und für mich damals teilweise exotisch waren.

Sogar an die Raucher hatte er gedacht: In einer Ecke hinter dem Vorhang versteckt, bewahrte er für sie einen großen Keramikbehälter mit verschiedenen Zigarettenpäckchen aus aller Welt auf.

Peter liebte die Freiheit des Denkens. Seine Bilder spiegeln seine Suche nach sich selbst und dem Göttlichen, nach dem Warum allen Seins, wider. Je mehr die Zeit voranschritt, desto mehr trat für ihn die Form in den Vordergrund. In seinen letzten Werken verwendete er fast nur noch Weiß und Schwarz – Sein oder nicht Sein – und ich hatte das Gefühl, dass er an einen abschließenden, zusammenfassenden Punkt, angekommen war.

F wie Fellin … so zeichnete Peter Fellin, der 1920 in Revò (Nußdorf) im Nonstal als 16. Kind geboren wurde und 1999 in Meran starb, seine Werke. Ein Jahr nach seiner Geburt starb sein Vater, im Alter von drei Jahren wurde er Vollwaise und mit acht Jahren von seinem Onkel Jakob Fellin aus Graz adoptiert, wo er die deutsche Sprache lernte. Mit 15 Jahren besuchte er die Gewerbeschule in Innsbruck und anschließend zwei Jahre die Kunstgewerbeschule in Schwaz. 1938/1939 war er Student an der Akademie der bildenden Künste bei Herbert Boeckl in Wien (1938/39), wo er Selbstporträts zu malen begann. Die Fronterfahrung im Zweiten Weltkrieg war eine prägende Zeit für ihn. Nach der Entlassung aus der Kriegsgefangenschaft ließ er sich in Meran als freischaffender Künstler nieder, wo er Herta Huber heiratete (sie hatten fünf Kinder).

„Nach dem Krieg folgen die expressiven Jahre in Meran mit Figuren, die hieroglyphenhaft einer Reduzierung zu folgen scheinen. Die Jahre 1953/54 markieren einen Umbruch in der Kunst, nicht nur für Fellin, sondern für seine nähere kulturelle Umgebung, da man einen Anschluss an die internationalen Entwicklungen sucht. Einen bedeutenden nächsten Abschnitt nehmen die “Schriftbilder“ von ca. 1955 bis 1963 ein, in denen die Auseinandersetzung mit Künstlerpersönlichkeiten, mit dem Wechselverhältnis von Musik und bildender Kunst sowie mit der Verselbständigung der „Zeichen“ im Zentrum steht. Mit repräsentativen, zum Teil sehr großformatigen Werken wird diese Phase ihre internationale Verankerung erfahren. Die Gegenstandslosigkeit der Arbeiten selbst sollte mit Fellins „Manifest zur II. Natur“ von 1959 in Verbindung gebracht werden. Schließlich erkennen wir eine Wendung zur Monochromie, die dennoch tiefenräumliche Wirkung hat, die im Wesentlichen zwischen 1963 und 1977 anzusetzen ist. Daran anschließend stoßen die „Urformen“ (1980 bis 1983) in die Dreidimensionalität vor. Über die „Meditationsbilder“ schließlich wird der Bogen zu den Plastiken geschlagen, bzw. im Abschluss der Ausstellung zu den „Feststellungen“ (Großplastiken).“

Viola Eigenbrodt

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